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Die Hofgeschichte

Vorwort

Recherchiert und niedergeschrieben wurde die Hofgeschichte von Nancy Petersen im Rahmen ihrer Jahresarbeit in der zwölften Klasse. Die Jahresarbeit beinhaltete als praktischen Teil den Nachbau des Hofes heute im Maßstab 1:50, sowie einen theoretischen Teil, der die Hofgeschichte von 1450 bis zum heutigen Tag beschreibt. Wer Interesse hat kann sich das Modell gerne bei uns auf dem Hof anschauen. Doch nun soll Nancy zu Wort kommen...

Die Hofgeschichte

Nach den Erzählungen meiner Großeltern, sowie meiner Eltern und aus einigen Schriftstücken aus damaliger Zeit habe ich Stück für Stück die Geschichte meines Zuhauses erfahren.
Unser Hof ist seit jeher als "Meiers Hoff" bekannt, dies stammt noch aus der Zeit Karl des Großen. Der damalige "Eigentümer" ca.1450 hieß Hans Meier und war verpflichtet den Zehnten seines Erwirtschafteten dem Gutsherren zu überlassen. Dies traf damals auf alle landwirtschaftlichen Betriebe zu. Zur Entlastung des Gutsherren mussten alle Höfe der Umgebung, sowie der näher gelegenen Dörfer ihren zehnten Teil dem Meierhof zukommen lassen. In diesem Fall war unser Hof (Meiers Buur genannt) der größte, also auch verpflichtet, eine Scheune für den Zehnten zu errichten.
Der Hof stand unter der Herrschaft des Grafen von Bothmer aus Lauenbrück. Dies war eine Zeit der Unterdrückung, sowie der Missachtung der harten Arbeit, welche die Bauern und deren Kinder zu erdulden hatten. Zwar gab es zu jener Zeit Knechte und Mägde, doch waren diese nicht minder mit dem Bewirtschaften der Ländereien beschäftigt, um ein Überleben zu gewährleisten. Da man damals nur geringes werkzeug und selten Zugpferde oder Ochsen besaß, musste die Arbeit größtenteils von Hand verrichtet werden. So war es ein sehr bitteres Los, von jeglicher, dringend benötigter, erwirtschafteter Gabe einen Zehnten abzugeben. Ein zehnter Teil ist z.B. die regelmäßige Abgabe eines von zehn Schweinen, im damaligen Falle war es vorwiegend das Getreide (10 Zentner- 1 Zentner an den Gutsherren).

Anfang des 17.Jahrhunderts ist der Hof in Besitz der Westermanns gekommen. Dieser heiratete 1616 aus Niendorf am Walde ein. Seit dieser Zeit ist der Hof im Besitz meiner Familie. Der letzte Träger des Namens Westermann lebte bis 1951.

Erst in den Jahren 1831-33 kam das Gesetz der Ablösung zur Geltung. Dieses besagt, daß ein Bauer die Möglichkeit besitzt, gegen Bezahlung des 25fachen Wertes der jährlichen Leistung als Ablösungskapital zu erbringen, um seine Eigenständigkeit ohne den Zehnten zu erhalten. Mein Ur Ur Urgroßvater Johann Heinrich Westermann entrichtete 2000 Taler an den Gutsherren und noch einmal 100 Taler für die Bäume die auf der Hofstelle standen
Dies war zur damaligen Zeit ein Vermögen und nur mit unglaublicher Mühe aufzubringen.

Die Bauern besaßen so wenig Rechte, daßes ihnen nicht einmal gestattet war Eichen aus ihren Waldungen zu schlagen, geschweige denn, diese zum Bau ihrer Häuser zu verwenden. Dazu benötigte man eine Genehmigung des königlichen Forstamtes.
Einen weiteren Schritt vorwärts kam man im Jahre 1843, als das Gesetz der Verkoppelung herausgegeben wurde. Waren die Ackerstücke vorher nur 2-8 Morgen (1 Morgen ist ca. 1/4 Hektar) groß und lagen zerstreut, so einigte man sich zehn Jahre später, also 1853 in Oelstorf zur Verkoppelung. Für jeden Hof wurde unter Berücksichtigung der Fruchtbarkeit der Böden die Äcker in große Schläge aufgeteilt, so dass sie möglichst nah an der Hofstelle lagen. Wir bekamen 180 Morgen, aufgeteilt in drei Schläge rund um unseren Hof.

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts kam auch in dieser Gegend der neu entdeckte Kunstdünger zum Einsatz. Nun war es den Bauern ermöglicht, wesentlich mehr anzupflantzen, sowie zuvor unbrauchbares Ödland nutzbar zu machen.
Daher wurde 1895 ein Häuslingshaus für zusätzliche Arbeitskräfte errichtet.

1905-1906 mussten wir 1 1/2 Morgen für den Bau einer Kleinbahn abtreten, jedoch half diese, die jetzt größeren Erträge abzusetzen. Zu dieser Zeit erlebte unser Hof einen starken Aufschwung. 1909 baute mein Ur Urgroßvater einige Stallungen und unser Wohnhaus im Jugendstil, welches wir heute noch bewohnen.
Unser Wohnhaus
Nun wurde auchder Rindviehbestand stark vergrößert. Die Männer waren das ganze Jahr über verpflichtet auf dem Hof zu arbeiten, die Frauen hingegen kamen jetzt nur noch im Sommer auf den Feldern zum Einsatz.
1926 kam mit Karl Petersen aus Gödenstorf unser heutiger Name auf den Hof. Er war es auch, welcher anfing in größerem Stil unbrauchbare Ackerstücke zu beforsten. Zu dieser Zeit hatte unser Hof einen Viehbestand von:
  • 4-6 Zuchtsauen
  • mehrere Ferkel
  • 13 Milchkühe
  • 25 Jungvieh
  • 50-60 Hühner
  • 3-4 Hähne
  • 3 Pferde
In den 30er Jahren wurden abermals alte Gebäude durch neue ersetzt.
Hühnerstall, erbaut 1935.
Scheunenrichtfest im Jahre 1939.
Fertigstellung der Scheune.
Der Hof bekam einen immer größer werdenden Viehbestand, sowie zusätzliche Flächen. Nach Kriegsbeginn 1939 wurde der Anbau von Getreide und Hackfrüchten um 20% vermehrt, da Deutschland auf sich alleine angewiesen war, genügend Nahrung zu erzeugen. Diese Maßnahmen führten zur Einschränkung der Schweinemast. Das fehlende Schweinefett wurde durch den Anbau von Ölfrüchten wie Hanf und Raps ersetzt. Da Pferde zu Kriegszeiten der Wehrmacht übergeben werden mußten, erlitt der Hof einen Verlust von drei Zugpferden. Diese wurden jedoch einige Jahre darauf durch einen Traktor (Lanz Bulldog) mit "starken" 24PS ersetzt.
1960 übernahm mein Opa Karl Heinz Petersen den Hof, welcher nun auch als Ausbildungsbetrieb geleitet von meiner Oma Hilde Petersen diente. Sie bildete in den Jahren von 1965 bis 1980 dreissig Lehrlinge aus. Mein Opa pachtete neues Land, so dass mehr Kartoffeln und Zuckerrüben angebaut werden konnten. Aufgrund der darrauffolgenden Gewinnspanne war es meinem Opa nun möglich einen Umbau, sowie die Modernisierung der Stallgebäude zu finanzieren. Der Viehbestand wurde um
  • 45 Milchkühe
  • 25 Jungvieh
  • 35 Mastbullen
  • und 300 Schweine aufgestockt.
Der Hof verfügt nun auch über eine größere Anzahl von technischem Gerät zur Erleichterung der Arbeit. So kamen ein Frontlader, zwei Schlepper und bis 1985 noch mehrere Bodenmaschinen und Vollerntemaschinen hinzu. Dies war auch bitter nötig, denn nach dem Krieg waren nur noch 10 Mitarbeiter bereit auf dem Hof zu arbeiten. Diese gingen dann aber auch nach und nach in das geregelte und besser bezahlte Stadtleben. Es gab eine sogenannte Landflucht, denn in der Stadt gab es einen festen Lohn, sowie geregelte Arbeitszeiten und wesentlich mehr freie Tage.

Nach der Gründung der EG gab es einen rasanten Preisverfall, denn die landwirtschaftlichen Güter aus dem Ausland waren wesentlich billigerzu bekommen. Um mit den Niedrigpreisen aus dem Ausland im Supermarkt mithalten zu können, musste man also wesentlich mehr erwirtschaften. Dies führte zu einer Überproduktion landwirtschaftlicher Güter.
1985 wurde nur noch ein Mitarbeiter stundeweise beschäftigt. Man musste sich also auf die gewinnbringenste Sache spezialisieren. Bis 1990 wurde jegliches Vieh abgeschafft und man konzentrierte sich nun einzig und allein auf die Schweinezucht. Sämtliche Gebäude wurden zu Schweineställen umgebaut. So wurde Platz für rund 600 Schweine geschaffen.

1990 übernahm dann mein Vater Jürgen Petersen den Betrieb.

Der Hof heute.

Nachwort

Durch diese Jahresarbeit erfuhr ich vieles, durchaus interessantes über meine Familie, sowie deren geschichtsträchtige Vergangenheit. Mit viel Freude, aber auch einiger Überwindung stellte ich diese Jahresarbeit nicht nur für die Schule, sondern auch für meine Nachkommen fertig.

Herzlich bedanken möchte ich mich vor allem bei meinen Eltern, welche weder Mühe noch Kosten scheuten mich bei meiner Jahresarbeit zu unterstützen. Meinen Großeltern möchte ich auch für die viele Zeit bei der Übersetzung altdeutscher Schriften und deren Erzählungen danken, sowie meinem Bruder, dem ich es verdanke Holz nun gerade sägen zu können. Joschko half mir eingehend und mit sehr viel Gedult bei sämtlichen Computerarbeiten, sowie Birga und Simon, die mir beim Berechnen halfen und alle meine architektonischen Fragen beantworteten.

Danke!